Motorradscheinwerfer und Fahrradklingel, das elektrische Mofa UNI MK Classic Export aus Berlin hat beides. Es sieht aus wie ein Motorrad und fährt sich wie ein Pedelec. Auf der gepolsterten Sitzbank beginnt für mich eine Fahrt zwischen den Fahrzeugklassen.
Mit dem Daumen drücke ich das Plus-Symbol am linken Griff und trete in die Pedalen bis das LCD-Display zwischen den Lenkstangen die 40-km/h-Marke knackt. Trotz des kühlen Fahrtwinds werden meine Oberschenkel warm, aber schwitzen muss ich nicht.
Motorrad mit Pedalen
Blicke haften auf dem leisen Zweirad, während ich es durch die Stadt fahre. „Was genau ist das für ein Fahrzeug?“, „Ist das ein Fahrrad oder ein Motorrad?“ Als ich den Seitenständer ausklappe und das Mofa parke, werden die Blicke zu berechtigten Fragen und die Antworten sind nicht einfach.
Zu mir nach Österreich wurde das UNI MK Classic Export als Pedelec mit einem 500 Watt Motor geliefert. Ab Werk unterstützt der elektrische Motor das Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Wenn ich kräftig trete, komme ich damit auf der Geraden über 30 km/h hinaus. In dieser Variante darf das Mofa auf Fahrradwegen fahren, eine Zulassung, ein Führerschein und ein Helm sind nicht nötig. In Deutschland dürfen Pedelecs maximal 250 Watt Leistung haben, deshalb wird das Mofa hier mit einem entsprechend kleinerem Motor angeboten. (Auch interessant: Mit einer leisen Vespa durch Italien)
Wem 25 km/h zu wenig sind, der kann das Mofa/Pedelec als S-Pedelec zulassen und darf dann auch mit 500 Watt bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h beim Treten unterstützt werden. Für diese Fahrzeugklasse wird in Deutschland und Österreich ein Führerschein der Klasse AM benötigt, außerdem gilt eine Zulassungs- und Helmpflicht. Für diesen Testbericht bin ich mit der schnelleren Variante unterwegs gewesen. Noch mehr Leistung und elektrisches Motorradfeeling bietet die Super Soco TSx. (Mehr dazu im Beitrag: Ein Recht auf Lärm?)
Durch die Stadt
und den Berg hinauf
Dicke Noppen überziehen die zehn Zentimeter breiten All-Terrain Reifen. Sowohl auf Kieswegen als auch auf den Spurrillen der Straßenbahn komme ich damit gut zurecht. (Auch interessant: Zwischen den Gleisen) Im Stadtverkehr fühle ich mich dank der Motorrad-Optik auch von AutofahrerInnen ernst genommen und erst bergauf werde ich überholt. Mit maximaler elektrischer Unterstützung erklimme ich die Bergstraßen mit knapp 25 km/h und komme dabei leicht ins Schwitzen. Mit der 7-Gang-Schaltung lässt sich die Übersetzung entsprechend anpassen.
Nach etwa 300 Höhenmetern und 20 Minuten später erreiche ich mein Ziel: die Hungerburg, ein Stadtteil oberhalb von Innsbruck. Mir ist warm und ich schwitze leicht. Der Akku unter der Sitzbank ist noch zu drei Vierteln voll. Laut Hersteller sind mit dem 14,5Ah-Akku bis zu 60 Kilometer möglich.
Bergab rollen lassen
Kaum geht es runter, kommt das E-Bike auch ohne Treten in Fahrt. Auf den breiten 20 Zoll Reifen rolle ich ins Tal und überschreite mehrmals 50 km/h. Mit den hydraulischen Scheibenbremsen kann ich kontrolliert bremsen, bevor ich in die Kurven einfahre. In Kurven versuche ich das jeweilige Pedal auf der Innenseite oben zu halten, sonst könnte ich damit aufsetzen.
Möglichkeiten zur Rekuperation gibt es keine und die Energie verpufft an den Bremsscheiben. Schlaglöchern und Bodenwellen weiche ich so gut es geht aus, weil weder das Hinterrad noch die Sitzbank gefedert sind. Stauraum bietet das UNI MK Classic Export keinen. Für größere Einkäufe eignet sich ein Lastenrad deutlich besser. (Mehr dazu: Kostenlos mit dem Lastenrad durch Innsbruck)
Fazit
Ab einem Preis von 2.990 Euro bietet Urban Drivestyle günstiges Motorrad-Feeling und eine hohe Verarbeitungsqualität. Nach 43 Kilometern mit der stärksten Stufe an elektrischen Unterstützung war der Akku leer. Mit dem Standardladegerät kann der Akku über Nacht geladen werden, das optionale Schnellladegerät soll es in zwei bis drei Stunden schaffen. Am Ende bleibt es Auslegungssache, ob das UNI MK Classic Export ein untermotorisiertes E-Motorrad mit Pedalen oder ein über-motorisiertes Fahrrad in Motorrad-Optik ist. Einen großen Vorteil gegenüber einem E-Motorrad hat das elektrische Mofa aus Berlin auf jeden Fall: Mit den Pedalen kann ich auch dann weiter fahren, wenn der Akku leer ist.
Disclaimer: Das UNI MK Classic Export wurde mir von Urban Drivestyle als Pressefahrzeug zur Verfügung gestellt. Der Hersteller hatte keinen Einfluss auf diesen Beitrag. Alle Fotos sind selbstgemacht.
Einen noch ausführlicheren Testbericht dazu habe ich in der Ausgabe o4/2020 von Elektroautomobil veröffentlicht.