Blick aus der futuristischen Hungerburgbahn in Innsbruck
© Felix Strohbach

Die Zukunft der öffentlichen Verkehrsmittel

Jedes Jahr fahren mehr Menschen mit Bus und Bahn. 2019 lag der neue Spitzenwert bei 11,6 Milliarden Fahrten in Deutschland. Seit Corona ist alles anders.

Wer nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist, meidet sie. Grund dafür sind die momentanen Kontakteinschränkungen und das Infektionsrisiko. In Deutschland fahren seit dem Ausbruch der Pandemie 80 Prozent weniger Menschen öffentlich. Klar ist: Auch nach Corona wird sich kaum jemand mehr in einen überfüllten Bus zwängen wollen.

Leere Sitze in einem Zug der ÖBB
Eine leere Regionalbahn der ÖBB. © Felix Strohbach

Mehr Platz und Hygiene

Eingeklemmt zwischen Kinderwagen und Bustür. Bei jeder Kurve werde ich an den hustenden Menschen neben mir gedrückt, während ich mich mit einer Hand an einem speckigen Griff klammere. Zum Glück ist das Vergangenheit. Wie in Supermärkten oder in der Warteschlange beim Paketdienst, gibt es auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln seit dieser Woche verpflichtenden Mund-Nasen-Schutz und Abstandsregeln. 

Wie wird es nach Corona aussehen? Ein zurück zu überfüllten Bussen und Bahnen wünscht sich auch ohne Virus niemand. „Wenn […] der Alltag allmählich wieder das gewohnte Tempo aufnimmt, werden viele Fahrgäste mit einem kritischen Blick in Bahnen und Busse steigen. Wer sich dann in vollen oder unsauber anmutenden Fahrzeugen unwohl fühlt, sucht nach Alternativen und findet sie möglicherweise im Auto. Für die Verkehrswende wäre das ein herber Rückschlag.“, schreibt Phillip Kosok, Sprecher für Bahn, ÖPNV und Multimodalität beim Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Damit das nicht passiert, rät der VCD zu zusätzlichen vertrauensbildenden Maßnahmen wie Desinfektionsmittel-Spendern und regelmäßigerem Reinigen von Griffen. Außerdem sollte das Schienennetz ausgebaut, die Taktungen verdichtet und die Preise gesenkt werden. Für all das braucht es staatliche Fördergelder. Nicht nur die Automobilindustrie und die Fluggesellschaften sollten staatlich unterstützt werden, sondern vor allem alle Formen nachhaltiger Mobilität. Der VCD schlägt vor ein „Startgeld für grüne Mobilität“ einzuführen, das den Kauf einer BahnCard, eines ÖPNV-Abos, eines (E-)Fahrrads oder Lastenrads, Car- und Bikesharing-Leistungen oder auch die Anschaffung eines E-Autos unterstützt. (Mehr dazu hier: vcd.org)

Fahrradweg zwischen den Schienen der Straßenbahn
Ein Radweg zwischen den Gleisen der Straßenbahn in Innsbruck. © Felix Strohbach

Fahrrad statt Öffis

In der Stadt ist die schnellste und günstigste Alternative das Fahrrad. Vor Corona musste um jeden Meter Radweg gekämpft werden, plötzlich scheint das leichter zu gehen. In Berlin wächst die Zahl der temporären Radstreifen rasant. Was seit Jahren vom Aktivismus für klimafreundliche Mobilität gefordert wurde, wird heute innerhalb weniger Wochen als pandemietaugliche Mobilitätslösung umgesetzt. In vielen Städten wurden bisher  öffentliche Verkehrsmittel und Radfahrer gegeneinander ausgespielt: Zwischen den Gleisen.

Anfang April hatte der Verein Changing Cities die Petition #FaireStraßen initiiert und in einem offenen Brief den Verkehrsminister aufgefordert, mehr Platz für Fuß- und Radverkehr zu schaffen. Seitdem wächst die Liste der Straßen, die einen Fahrradstreifen bekommen. Diese Entwicklung zeigt einmal mehr: Die akute Bedrohung durch das Corona-Virus wird ernster genommen, als die permanente Belastung unserer Gesundheit durch Abgase und Lärm.

Unabhängig von Corona sind am 28. April in Deutschland die seit Herbst 2019 geplanten Änderungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getreten. Unter anderem soll durch die Neuerungen der Radverkehr und die Elektromobilität gestärkt werden. (Mehr dazu hier: bmvi.de)

Eine Tafel Schokolade mit der Aufschrift: "Danke fürs Öffi fahren"
Im Eurocity zwischen Innsbruck und Bozen kann ich die Füße hoch legen und bekomme als Dankeschön manchmal eine Schokolade. © Felix Strohbach

Corona-Pandemie und Klimaerwärmung

Fahrradfahren kann die öffentlichen Verkehrsmittel entlasten, doch ganz ohne Bus und Bahn wird es vor allem auf dem Land nicht gehen. Der Ausbau der Öffentlichen wird durch die Corona-Pandemie noch dringlicher als vorher. Es wäre ein großer politischer Fehler jetzt ausschließlich in die Automobilindustrie und den Flugverkehr zu investieren. Auch nach Corona befinden wir uns noch in einer Krise. Das wird spätestens dann klar, wenn ein CDU-Politiker öffentlich sagt: „Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt, all die Schäden […] vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun.“ – Wolfgang Schäuble (Quelle: tagesspiegel.de)

Hier könnt Ihr aktiv werden:
Unterzeichnet die Petitionen #SavePeopleNotPlanes und #FaireStraßen

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