Der Achensee in Tirol von oben
© Felix Strohbach

Wasserkraft: Fließender Ökostrom und Chancen der Elektromobilität

Wasserkraft und Elektromobilität gehören zusammen. Denn Energieerzeugung und Mobilität müssen in Zukunft gemeinsam betrachtet werden. Anders gesagt: Wir brauchen eine Sektorkopplung. Ich habe mit der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) über die zukünftige Rolle von Wasserkraft und Elektromobilität in der deutschen und österreichischen Energiewirtschaft gesprochen. Währenddessen haben wir drei wichtige Fragen beantwortet.

Ökostrom und Hochwasserschutz

Um eine durchgängige ökologische Energieversorgung sicherzustellen, können wir uns nicht auf Windräder, Solar- und Biomasseanlagen verlassen. Denn wir hätten spätestens dann ein Problem, „wenn Windenergie und Sonnenenergie nicht ausreichend zur Verfügung steht und trotzdem der Strombedarf hoch ist.“ Andreas Burger ist Teamleiter der Abteilung für Leittechnik und neue Technologien bei der TIWAG.

Abgesehen davon spielen Speicherkraftwerke eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Hochwasserkatastrophen. „Mit den großen Speicherkraftwerken haben wir die Möglichkeit, in unseren Seen eine beträchtliche Menge an Wasser aufzufangen und so einen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten“, sagt Christian Wiedenegger. Er ist Teamleiter des Kraftwerksparks im Oberland.

AM Ufer des Achensee in Tirol
Auch beim Hochwasserschutz spielen Wasserkraftwerke und Speicherseen eine wichtige Rolle. Das Bild ist vom Ufer des Achensees in Tirol. © Felix Strohbach

1. Welche Chancen bietet die Elektromobilität?

„Die Antriebsakkus der E-Autos könnten im künftigen, intelligenten Stromsystem bei einer entsprechenden Anzahl eine wichtige Rolle einnehmen. Die praktische Umsetzung ist derzeit aber noch schwierig und lediglich in Pilot- oder Einzelprojekten realisiert worden.“ Andreas Burger sieht hier mehrere technische Probleme.

Erstens: „Das Elektroauto muss ein bidirektionales Laden ermöglichen. Das heißt nicht nur elektrische Energie aufnehmen, sondern auch wieder abgeben können.“ Bisher können das nur sehr wenige Modelle auf dem Markt. Zum Beispiel der Nissan Leaf.

Zweitens: Selbst wenn alle Elektroautos bidirektional laden könnten, gäbe es ein entscheidendes Problem. „In der Energiewirtschaft geht es vor allem um den saisonalen Ausgleich über mehrere Monate. Im Sommer haben wir im Stromsystem grundsätzlich einen Energieüberschuss. Im Winter eine Unterdeckung. Die Antriebsakkus der E-Autos könnten mit ihren Kapazitäten eher kurzfristige Tag-Nacht-Schwankungen ausgleichen.“

Ein Elektroauto an einer Ladesäule der TIWAG
Die Akkus von Elektroautos könnten kurzfristige Schwankungen im Stromnetz ausgleichen. © TIWAG

2. Wie könnten Elektroautos konkret eingesetzt werden?

„Wir bräuchten 100 E-Autos mit jeweils 100 kWh Batterien, um auf 10 Megawatt zu kommen. Ganz kurzfristige Schwankungen könnte man damit ausgleichen, aber nicht über mehrere Stunden wie das bei einem Speicherkraftwerk möglich ist.“ Eine Leistung von bis zu 10 Megawatt würde kurzfristig einem Kleinwasserkraftwerk entsprechen. Andreas Burger könnte sich vorstellen, bald ein solches Pilotprojekt zu realisieren. (Ein weiteres spannendes Projekt ist das Carsharing mit Elektroautos am Alpenrand)

Der elektrische Fuhrpark der TIWAG von Solaranlagen.
Neben Wasserkraft investiert die TIWAG auch in Solarenergie und unterhält einen elektrischen Fuhrpark . © TIWAG

3. Bricht das Stromnetz zusammen, wenn wir alle elektrisch fahren?

Der Strombedarf wird durch die wachsende Zahl an Elektroautos weiter steigen. Trotzdem bereitet das Andreas Burger keine Sorgen: „In Tirol sind derzeit rund 400.000 PKW zugelassen. Wenn alle elektrisch fahren würden, dann würde sich aufgrund der hohen Energieeffizienz der Stromendverbrauch um lediglich zehn bis zwölf Prozent erhöhen.“ (Auch interessant: Mit dem Elektroauto ins Skigebiet und Solarstrom selbst erzeugen)

Auch am Achensee gibt es ein unterirdisches Wasserkraftwerk. © Felix Strohbach

Fazit – Wasserkraft bleibt unverzichtbar

„Der Bau einer Wasserkraftanlage, stellt einmalige große Eingriffe in die Natur dar, das ist bekannt. Man ist mit einer solchen Anlage langfristig in der Lage, da sprechen wir von mehr als 100 Jahren, ökologisch Energie zu produzieren. Auch die Errichtung und der Betrieb von Windparks und großen PV-Anlagen sind große Eingriffe in die Natur“, sagt Christian Wiedenegger.

Neben der Wasserkraft investiert die TIWAG auch in Solar-Anlagen, denn das Potenzial für den Bau neuer Wasserkraftwerke ist begrenzt. „Bei allen Kraftwerksanlagen, die wir neu bauen, ist im Vorfeld eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Nur wenn diese positiv ausfällt, bauen wir heute noch ein Wasserkraftwerk.“

Die Elektromobilität ist Teil der zukünftigen Energiewirtschaft und bietet neue Chancen. Klar ist aber auch: Die Wasserkraft bleibt unverzichtbar für den Ausgleich von saisonalen Netzschwankungen und den Schutz vor Hochwasser.

Dieser Beitrag ist zuerst und in ausführlicherer Form in der Ausgabe 05/2020 von Elektroautomobil erschienen.

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